Milliarden für den Islamismus
Afghanistan 1979–2006: Von den USA früher
als Freiheitskämpfer geförderte Mudschaheddin
werden heute als Terroristen gejagt. Ein
geschichtlicher Rückblick
Von Knut Mellenthin*
Afghanistan gilt neben Irak als Schwerpunkt im
»Krieg gegen den Terrorismus«, den die
US-Regierung nach dem 11. September 2001
verkündete. Einige Zeit hatte die Entwicklung in
dem mittelasiatischen Land im Schatten der
täglichen Meldungen über den bewaffneten
Widerstand im Irak gestanden. Afghanistan sei
»weitgehend befriedet«, hieß es. Die Soldaten
der deutschen Bundeswehr schienen lange Zeit
fast ausschließlich mit dem Verteilen von
Kinderspielzeug beschäftigt.Daß die Wirklichkeit
anders aussieht, wird selbst in den
Mainstream-Medien immer deutlicher. Im gesamten
Süden und Osten Afghanistans werden immer mehr
Anschläge verübt. Die vom Westen eingesetzte
Karzai-Regierung gilt nicht nur als ineffektiv
bei der Bekämpfung der großen wirtschaftlichen
und sozialen Probleme des Landes, sondern auch
als korrupt und verfilzt mit regionalen
Milizenchefs und mit der Drogenmafia. Vor diesem
Hintergrund soll das Operationsgebiet der
NATO-geführten ISAF (International Security
Assistance Force) bis Anfang kommenden Jahres
auf alle Teile des Landes ausgedehnt werden. Der
Bundestag hat im September 2005 zugestimmt, daß
deutsche Soldaten künftig überall in Afghanistan
eingesetzt werden können. Die NATO ist im
Begriff, sich in einen nicht gewinnbaren Krieg
gegen große Teile der afghanischen Bevölkerung
zu verwickeln, wie ihn die Sowjetunion zwischen
1980 und 1988 führte. Wesentlicher Unterschied:
Die heute als »Terroristen« und »Feinde
Afghanistans« Beschimpften wurden im Westen
damals als »Freiheitskämpfer« bezeichnet. Der
militante islamistische Fundamentalismus wurde
finanziert und organisiert von denen, die ihn
heute als Vorwand für ihren »Krieg gegen den
Terrorismus« benutzen.
Ausgedacht hat sich das einer der klügsten und
phantasievollsten Köpfe, der je einer
US-Regierung angehörte: der 1928 in Warschau
geborene Zbigniew Brzezinski, Sohn eines
polnischen Diplomaten. Und weil ein so kluger
Mann ein Anrecht auf ein klein bißchen Eitelkeit
hat, muß er natürlich die Geschichtsschreibung
korrigieren, die seinen Einfall nicht im vollen
Ausmaß würdigt. Der französischen Wochenzeitung
Le Nouvel Observateur erzählte Brzezinski 1998:
»Nach der offiziellen Version begann die Hilfe
der CIA für die Mudschaheddin im Verlauf des
Jahres 1980. Also erst, nachdem die sowjetische
Armee am 24. Dezember 1979 in Afghanistan
einmarschiert war. Aber die bis heute sorgfältig
gehütete Wahrheit ist völlig anders: Tatsächlich
war der 3. Juli 1979 der Tag, an dem Präsident
Carter die erste Direktive über geheime Hilfe
für die Gegner des prosowjetischen Regimes in
Kabul unterschrieb. Und genau an diesem Tag
schrieb ich dem Präsidenten eine Notiz, in der
ich ihm meine Ansicht erläuterte, daß diese
Hilfe eine sowjetische Militärintervention zur
Folge haben könnte.« (Le Nouvel Observateur,
15.–21. Januar 1998) Auf eine Nachfrage
präzisierte Brzezinski: »Wir haben die Russen
nicht dazu getrieben zu intervenieren, aber wir
haben bewußt die Wahrscheinlichkeit erhöht, daß
sie es tun würden.« Brzezinski war damals
Sicherheitsberater des demokratischen
Präsidenten James Carter (Amtszeit 1977-1981),
der für sein Lebenswerk im Jahr 2002 mit dem
Friedensnobelpreis ausgezeichnet wurde.
»Je ne regrette rien«
Bereut Brzezinski nachträglich das amerikanische
Vorgehen, wollte das französische Blatt von ihm
wissen. Klare Antwort: »Was denn bereuen? Diese
Geheimoperation war eine erstklassige Idee. An
dem Tag, als die sowjetischen Truppen offiziell
die Grenze überschritten, schrieb ich an
Präsident Carter: Wir haben jetzt die Chance,
der Sowjetunion ihren Vietnamkrieg zu bescheren.
Und in der Tat, fast zehn Jahre lang mußte
Moskau einen Krieg führen, den die Regierung
nicht durchhalten konnte, einen Konflikt, der
zur Demoralisierung und schließlich zum
Zusammenbruch des Sowjetimperiums führte.«
»Und Sie bereuen auch nicht, daß Sie den
islamischen Fundamentalismus unterstützt, daß
Sie künftigen Terroristen Waffen geliefert und
Ratschläge gegeben haben?« setzten die Leute vom
Nouvel Observateur nach. Brzezinskis kühle
Antwort: »Was ist für die Weltgeschichte
wichtiger? Die Taliban oder der Zusammenbruch
des Sowjetimperiums? Ein paar aufgeputschte
Moslems oder die Befreiung Mitteleuropas und das
Ende des Kalten Krieges?«
Hatte Brzezinski 1979 wirklich soviel
strategische Weitsicht, wie er 1998 behauptete?
Hat er damals, wie ein erstklassiger
Schachspieler, schon so viele Züge im voraus
berechnet? Aus einem Memorandum, das der
Sicherheitsberater am 26. Dezember 1979 für
Präsident Carter schrieb, geht zumindest klar
hervor, daß Brzezinski sofort die Chance erkannt
hatte, Afghanistan zu einem »Vietnam für die
Sowjetunion« zu machen. Um das zu erreichen, sei
aber eine aktive Politik der US-Regierung
erforderlich, heißt es im Memorandum: »Das
bedeutet mehr Geld und mehr Waffenlieferungen an
die Rebellen sowie auch technische Anleitung.«
Pakistan müsse »ermutigt« werden, den
Aufständischen zu helfen. Das wiederum verlange
eine positivere Politik der USA gegenüber dem
pakistanischen Regime und mehr Militärhilfe.
Auch China müsse »ermutigt« werden, den
Mudschaheddin zu helfen. Mit verbündeten
islamischen Ländern sei eine Propagandakampagne
und eine Geheimoperation (covert action campaign)
zur Unterstützung der Rebellen abzustimmen. Das
war es, Punkt für Punkt, was unter Carter
eingeleitet und unter seinem republikanischen
Nachfolger Ronald Reagan (Amtszeit 1981 bis
1989) verstärkt fortgesetzt wurde.
Zum Glück für die US-Regierung – und vielleicht
nicht ganz ohne Zutun der CIA – befanden sich
die Dinge in Pakistan bereits auf dem
allerbesten Weg. Am 4. April 1979 war die
Zivilregierung des demokratisch gewählten
Präsidenten Zulfilcar Ali Bhutto durch einen
Putsch des Militärs und des Geheimdienstes ISI
gestürzt worden. Der als Diktator eingesetzte
General Zia Al Haq betrieb eine
fundamentalistische Politik. Der Putsch führte,
zusammen mit der Entdeckung geheimer
pakistanischer Arbeiten an der Urananreicherung,
zunächst dazu, daß Präsident Carter die
Militärhilfe sperrte und Wirtschaftssanktionen
verhängte. In dem Maße, wie Pakistan seit 1980
für die Unterstützung der afghanischen
»Freiheitskämpfer« – so die offizielle
US-Sprachregelung – unentbehrlich wurde, fielen
selbstverständlich alle Strafmaßnahmen fort.
Auch die Voraussetzungen für eine Zusammenarbeit
mit China in Sachen Afghanistan waren günstig.
Nachdem Richard Nixon 1972 als erster
US-Präsident China besucht und das Eis gebrochen
hatte, hatten beide Länder zum Jahresanfang 1979
volle diplomatische Beziehungen aufgenommen. Die
chinesische Außenpolitik war damals vollständig
von der Doktrin bestimmt, daß die Sowjetunion –
O-Ton: »der Sozialimperialismus« – der
»Hauptfeind der Menschheit« sei. Gegen diesen
Feind sei eine weltweite strategische
Bündnisbildung unter Einschluß der USA
erforderlich.
Rekrutierungszentren
Die Unterstützung der USA für die Mudschaheddin
vom sowjetischen Einmarsch 1979 bis zum Abzug
der letzten Einheit der Sowjetarmee am 15.
Februar 1989 wird in den meisten Darstellungen
auf rund drei Milliarden Dollar geschätzt –
weniger als die Kosten eines Monats Kriegführung
im Irak. Zweifellos war das Verhältnis von
Aufwand und Nutzen des US-amerikanischen
Eingreifens in den Afghanistan-Krieg
ausgesprochen vorteilhaft, auch wenn der Umfang
der geheim abgewickelten Hilfe vermutlich um
einiges über drei Milliarden lag und sie mit dem
sowjetischen Abzug noch keineswegs endete.
Neben den USA war Saudi-Arabien der wichtigste
finanzielle Förderer der Mudschaheddin. Das
fundamentalistische Saudi-Regime stellte nicht
nur große Beträge (gleichfalls auf etwa drei
Milliarden Dollar geschätzt) für den Kauf von
Waffen in aller Welt zur Verfügung, sondern
zahlte und organisierte weitgehend auch die
Propagandakampagne in den moslemischen Ländern.
Mit saudiarabischen Geldern wurde in Pakistan
ein Netz von Koranschulen (Madrassen) errichtet,
die Zehntausende junge Gläubige aus aller Welt
anzogen und als Rekrutierungszentren für den
bewaffneten Kampf in Afghanistan fungierten.
Pakistan diente überhaupt als Hinterland des
Afghanistan-Krieges. Hier befanden sich die
Ausbildungslager der Mudschaheddin und der zu
ihrer Unterstützung anreisenden internationalen
Freiwilligen. Finanziert wurde das System von
den USA, Saudi-Arabien und in geringerem Maß
auch von anderen Ölstaaten der arabischen
Halbinsel. Beaufsichtigt und gelenkt wurden
Madrassen und Ausbildungslager vom
pakistanischen Geheimdienst ISI, der seinerseits
eng mit der CIA zusammenarbeitete.
Dieses System endete keineswegs mit dem
sowjetischen Abzug 1989. Dieselben Madrassen und
Lager in Pakistan dienten später auch als
Zentren der 1994 unter Obhut des ISI
entstehenden Milizen, die als Taliban
(persischer Plural von arab.: talib, »Student«)
bezeichnet wurden. Auch die saudiarabischen
Gelder flossen nach wie vor reichlich. Nachdem
die Taliban im September 1996 Kabul eingenommen
hatten, gab es weltweit nur drei Staaten, die
sie (bis zum US-amerikanischen Einmarsch im
Oktober 2001) als rechtmäßige Regierung
Afghanistans anerkannten: Pakistan,
Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen
Emirate. Daß Pakistan und Saudi-Arabien die
Taliban ohne Zutun der USA oder gar gegen deren
Willen unterstützt hätten, ist angesichts der
Abhängigkeit dieser Regimes schwer vorstellbar.
Doch zurück zum frühen Stadium des
amerikanischen Eingreifens in Afghanistan,
Anfang der 80er Jahre. Die US-Regierung war
damals bemüht, möglichst wenig Beweise für ihre
massive Beteiligung zu liefern und diese in der
internationalen Öffentlichkeit sogar zu
bestreiten. Deshalb wurden Waffen in anderen
Ländern zusammengekauft, unter anderem in
Ägypten und China, auch wenn dann CIA-Flugzeuge
den Transport übernahmen. Bevorzugt wurden
Waffen aus sowjetischer Produktion, mit denen
auch die afghanischen Regierungstruppen
ausgerüstet waren. Auf diese Weise konnten die
Mudschaheddin die erbeuteten Waffen sofort in
ihr Arsenal integrieren.
Ronald Reagan verstärkte nach seinem Amtsantritt
im Januar 1981 die Unterstützung der
»Freiheitskämpfer«. Eine entscheidende Wende
bedeutete im Juli 1985 Reagans Anweisung an die
CIA, die fundamentalistischen Krieger auch mit
amerikanischen Stinger-Raketen auszurüsten. Sie
waren eine leicht zu transportierende,
hochwirksame Waffe gegen Hubschrauber und
niedrig fliegende Flugzeuge. Angebliche
Treffsicherheit: 75 Prozent! Dadurch verloren
die sowjetischen Truppen weitgehend die Vorteile
ihrer Luftherrschaft.
Im April 1988 gab Michail Gorbatschow,
Generalsekretär der KPdSU seit 1985, den Beginn
des Abzugs aus Afghanistan bekannt. Die
Regierung von Muhammad Nadschibullah, Präsident
seit 1987, hielt sich noch bis zum April 1992 in
Kabul. Die Sowjetunion hatte zeitweise mehr als
100000 Soldaten eingesetzt; fast 15000 Russen
und Angehörige anderer Sowjetvölker fielen in
Afghanistan.
Von der Carter-Doktrin ...
Die Unterstützung der antisowjetischen
»Freiheitskämpfer« in Afghanistan war bei weitem
die umfangreichste, teuerste Geheimoperation in
der Geschichte der CIA. Gab es dafür – abgesehen
von der Schaffung eines »sowjetischen Vietnams«–
politische, wirtschaftliche oder geostrategische
Gründe?
Offiziell begründeten die USA ihr starkes
Interesse an Afghanistan mit der These, die
sowjetische Intervention sei Teil eines
strategischen Vorstoßes bis an den Indischen
Ozean, dessen eigentliches Ziel die Herrschaft
über die Ölvorkommen des Nahen und Mittleren
Ostens sei. Auf diese weit hergeholte Behauptung
bezog sich die nach ihm benannte, von Brzezinski
geschriebene Carter-Doktrin, die der
US-Präsident am 23. Januar 1980 in seiner Rede
zur Lage der Nation verkündete: »Jeder Versuch
einer äußeren Macht, die Kontrolle über den
Persischen Golf zu erlangen, wird von uns als
Angriff auf die Lebensinteressen der USA
angesehen. Jeder derartige Versuch wird mit
allen notwendigen Mitteln, einschließlich der
Anwendung militärischer Gewalt, zurückgeschlagen
werden.«
Vom Ozean ist Afghanistan Hunderte Kilometer
Luftlinie entfernt. Zwischen Afghanistan und dem
Meer liegen Pakistan oder Iran. Wie aus den
Äußerungen Brzezinskis eindeutig hervorgeht, war
ihm bewußt, daß die Sowjetunion in Afghanistan
nicht militärisch intervenierte, um ihren
geostrategischen Aktionsradius auszuweiten.
Motiviert war Moskau vielmehr durch einen
befürchteten Einbruch in seine eigene
Interessenssphäre durch einen ferngesteuerten
Stellvertreterkrieg der USA. Denn Afghanistan
näherte sich schon seit den 50er Jahren und
verstärkt seit dem Sturz des Königs 1973
außenpolitisch immer mehr an die Sowjetunion an.
Umgekehrt gingen anscheinend weder Carter noch
Reagan davon aus, mit Hilfe der Mudschaheddin
Afghanistan unter amerikanische Kontrolle
bringen zu können. Das strategische Ziel bestand
darin, sowjetische Truppen in einen langen,
nicht gewinnbaren Krieg zu verstricken, die
Sowjetunion international als Aggressor zu
brandmarken und ihr Ansehen in der islamischen
Welt zu schädigen sowie eine befürchtete
Verschiebung des Kräfteverhältnisses in
Mittelasien zu verhindern.
Im zeitlichen Zusammenhang wird der größere
Kontext des in Afghanistan ausgetragenen
Stellvertreterkriegs erkennbar. Am 16. Januar
1979 war Schah Reza Pahlewi durch einen
Volksaufstand gezwungen worden, den Iran zu
verlassen. Es folgten die als »islamische
Revolution« bekannten Ereignisse:
fundamentalistische Kreise um Ajatollah Khomeini
besetzten alle Führungspositionen. Iran war bis
dahin unter dem seit 1941 regierenden Schah eine
völlig sicher erscheinende Bastion des
US-Imperialismus in der Region gewesen.
Brzezinski hatte sich bis zuletzt dafür
eingesetzt, den Schah nicht fallenzulassen,
sondern ihn notfalls durch eine amerikanische
Militärintervention an der Macht zu halten. Als
nächstes bastelte Carters Sicherheitsberater an
dem Putschversuch von Armee- und
Geheimdienstoffizieren des gestürzten Schah mit.
Unterstützt wurde dieses Unternehmen auch von
Saddam Husseins Irak und seinem damals engsten
Verbündeten, dem Königreich Jordanien. Offenbar
aufgrund von Verrat kam die neue Führung in
Teheran dem Putsch am 11. Juli 1980 durch die
Verhaftung von mehreren hundert an der
Verschwörung Beteiligten zuvor.
Daraufhin entschloß sich Saddam Hussein, das
schiitische Regime in Teheran militärisch zu
stürzen oder dem Iran zumindest die erdölreichen
Gebiete im Südwesten gewaltsam zu entreißen. Von
den USA, Frankreich und Großbritannien kaum
verhohlen ermutigt, ließ Saddam Hussein am 22.
September 1980 seine Truppen zum Überfall auf
den Iran antreten. Sie stießen auf eine durch
die Revolution weitgehend führungslos gewordene
Armee in einem desolaten Zustand. Nur durch die
Mobilisierung von massenhaftem religiösen und
patriotischen Enthusiasmus gelang es der neuen
Regierung in Teheran in wenigen Monaten, die
Front zu stabilisieren. In dem für beide Seiten
äußerst verlustreichen Krieg, der erst 1988
endete, wurde Irak massiv von den USA und ihren
europäischen Verbündeten unterstützt und
begünstigt.
... zur Reagan-Doktrin
Ein weiteres zeitnahes Ereignis, wenn auch in
einem ganz anderen Teil der Erde, war im Juli
1979 der Sturz der Somoza-Diktatur in Nikaragua
durch die von den Sandinisten geführte
Revolution. Präsident Ronald Reagan veranlaßte
nach seinem Amtsantritt 1981 die Verminung des
einzigen nikaraguanischen Pazifikhafens und die
finanzielle und militärische Unterstützung der
»Contras«: von ehemaligen Somoza-Leuten geführte
Banden, die von Honduras aus die Bevölkerung
Nikaraguas terrorisierten. Auch diese Partner
waren für die US-Regierung, ebenso wie die
fundamentalistischen Mudschaheddin in
Afghanistan, »Freiheitskämpfer«.
Im Februar 1985 verkündete Präsident Reagan im
Bericht zur Lage der Nation seine eigene
Doktrin: »Wir lassen diejenigen nicht im Stich,
die ihr Leben riskieren, auf allen Kontinenten,
von Afghanistan bis Nikaragua, um der
sowjetischen Aggression Widerstand zu leisten
und Rechte zu verteidigen, auf die wir alle von
Geburt an Anspruch haben. Unterstützung für
Freiheitskämpfer ist Selbstverteidigung.«
Außer den beiden genannten Ländern bezog sich
die Reagan-Doktrin vor allem auf Afrika und
Kambodscha. In den Mitte der 70er Jahre
selbständig gewordenen früheren portugiesischen
Kolonien unterstützte die US-Regierung
proimperialistische Bürgerkriegsarmeen wie die
UNITA in Angola und die RENAMO in Moçambique,
die beide eng mit dem Rassistenregime in
Südafrika zusammenarbeiteten. Und in Kambodscha
schreckte die US-Regierung nicht einmal davor
zurück, im engen Bündnis mit China die im Januar
1979 mit vietnamesischer Hilfe gestürzten Roten
Khmer für ihren »Freiheitskampf« aus dem
Untergrund auszurüsten und zu finanzieren.
Übriggeblieben sind von Reagans
»Freiheitskämpfern« nur die afghanischen
Mudschaheddin und deren internationale
Hilfstruppen. In den 80er Jahren waren sie für
die US-Administration »unsere Jungs«, jetzt sind
sie »bad guys«.
* Aus: junge Welt, 20. Mai 2006