Meine Gedanken
Ich muss
euch ehrlich gestehen, dass ich meine Faszination für dieses
Thema nicht recht beschreiben kann. Ein Grund, warum es mich
so fasziniert, ist sicherlich auf der einen Seite mein
Interesse an den architektonischen Grossbauten, die mit
menschlichen Höchstleistungen erbaut wurden. Andererseits
aber sicher auch, dass ich schon drei Mal in Amerika war. Es
bringt einen einfach ein bisschen näher an ein Geschehen,
wenn man schon einmal vor Ort war. Ich habe einen Teil
meiner Gedanken schon in der Einleitung meiner Homepage
beschrieben. Aber ich möchte euch zum Schluss noch ein
bisschen meine persönliche Faszination der Architektur näher
bringen.
Drei Jahre
nachdem ich das Licht der Welt erblickte, bekam mein Vater
1984 von seiner Firma eine Chance, um seinen langersehnten
Traum zu verwirklichen. Es wurde ihm anerboten, ein Jahr in
der Tochterfirma in Seattle zu arbeiten. Da dies schon immer
sein Wunsch war, einmal einen längeren Aufenthalt in Amerika
zu verbringen, kam dieser Vorschlag natürlich gerade
richtig. Nach einigen organisatorischen Abklärungen,
willigte er mit grosser Vorfreude, diesem Angebot ein.
Ein Jahr
lang genoss meine Familie (Mutter, Vater, Schwester und ich)
das Leben in Seattle. Mein Vater arbeitete in der
Tochterfirma und meine Mutter kümmerte sich um das Haus und
um meine damals 1-jährige Schwester und um mich.
Nach
diesem Jahr zogen meine Eltern, mit uns Kindern, noch ein
halbes Jahr lang mit einem Motorhome durch die Staaten der
USA. Es gibt vermutlich keinen Staat, den wir nicht bereist
haben. Im Nachhinein muss ich sagen, dass es sehr schade
ist, dass ich noch nicht älter war und meine Erinnerung
jetzt recht lückenhaft ist.
1986 zogen
wir wieder in die Schweiz zurück.
Das zweite
Mal, als ich Amerika einen Ferienbesuch abstattete, war im
Jahr 1998. Ich war nun einiges älter und meine Eltern luden
mich nach New York in die Ferien ein. Es waren die letzten
gemeinsamen Ferien mit der Familie.
Leider
hatte ich damals noch nicht das 21. Alterjahr (Schutzalter
der USA) erreicht. Aber in meinem Fall tangierte mich das
überhaupt nicht. Denn ich möchte euch von meinem World Trade
Center Besuch erzählen und hierfür braucht man kein
bestimmtes Alter.
An dem Tag
x war es dann soweit. Einen Besuch der Türme stand auf dem
Programm. Und da waren sie nun. Wie zwei mächtige Riesen aus
dem Erdboden gestampft standen sie vor mir. Mit ihren
unendlichen Höhen ragten sie über ganz Manhattan hinaus.
Schon fast ein bisschen machtergreifend und egoistisch
liessen sie neben sich alle Wolkenkratzer klein aussehen. Es
war ein sehr schöner Anblick, diese Wahrzeichen zu
betrachten, die man sonst nur aus Bildern kannte. Ein paar
Minuten verbrachten wir am Fusse der Türme stehend und
staunten in die Höhe hinauf zu den Türmen, die beinahe die
Wolken zu berühren schienen. Wir betraten den Südturm
(Besucherturm der beiden Türme), das WTC 2. Ein Lift
katapultierte einem, von der untersten bis hinauf auf die
oberste Etage. Dann waren es nur noch ein paar Treppenstufen
und was man dann sah, das verschlug einem den Atem. Eine
Aussicht, die man, das weiss jeder, der schon einmal auf
dieser Plattform war, mit keinen Worten beschreiben kann.
Ich war so überwältigt, dass ich den Mund kaum schliessen
konnte. Ich war so hin und weg von meiner Aussicht. Auf der
einen Seite sah man weit über Brooklyn hinaus, während man
auf der anderen Seite ganz Manhattan und noch viel weiter
sah. Richtung Long Island erstreckt sich der Horizont
unvorstellbar weit und Richtung Süden kommt ein einem so
vor, als würde man die Erdkrümmung sehen. Einfach
faszinierend und ein einmaliges Erlebnis, das sich tief in
meine Erinnerung eingeprägt hat.
Ich habe
die eindrücklichen Bilder noch immer gut vor Augen. Ich
finde es sehr schade, dass man so etwas Überwältigendes
nicht noch einmal erleben darf.
Im April
2006 unternahmen mein sehr guter Kollege und ich einen
kleinen Roadtrip quer durch das sonnige Kalifornien. Wir
verbrachten zwei von drei sehr schönen Wochen in San
Francisco, Sacramento, Yosemite Nationalpark und hinab durch
die Wüste nach Las Vegas, wo wir uns so richtig amüsierten.
Nach diesen zwei eindrucksintensiven Wochen ging es dann mit
einem Inlandflug Richtung New York City, Manhattan. Dort
genossen wir unseren letzten Ferientage. Auf dem Programm,
welches wir sehr spontan zusammenstellten, stand sehr viel
Shopping und die Besichtigung von Ground Zero. Einersets
wusste ich, dass mich dieser Anblick sicher sehr schmerzen
würde, da ich ja so faszinierende Erinnerungen an das World
Trade Center hatte. Aber ich empfand auch einen inneren
Drang, diesen Ort der Verwüstung mit eigenen Augen zu sehen.
Und da
waren wir nun. Wir standen vor einer riesengrossen
Baustelle. Nicht das kleinste Anzeichen, dass hier einmal
die grössten Bauten der Welt standen. Rundherum nur ein paar
noch immer demolierte Häuser, die in Bautüchern eingewickelt
waren. Eine grosse Skyline mit einem Loch in der Mitte. Nur
noch Erinnerungen und einige Bilder weisen daraufhin, dass
hier zwei sehr komplexe Bauten mit zwei gewaltigen Türmen
standen. Für mich war dies ein sehr emotionaler Moment und
ich war zutiefst betroffen von diesem schrecklichen Anblick
der Baustelle und den Gedenktafeln. Überzeugt euch selbst:
Spätfolgen
Ich habe
hier noch einen kleinen Bericht für euch, der mich auch sehr
zum Nachdenken zwang. Es geht um die gesundheitlichen
Spätfolgen der Beteiligten vom diesem Akt. Es traf sehr
viele unschuldige Menschen, die Leben retten wollten und
hunderte Stunden bei Aufräumarbeiten verbrachten. Das Leben
erscheint manchmal sehr ungerecht.
Lungenkrank nach 9/11
Viele
Helfer vom Ground Zero leiden unter
gesundheitlichen Spätfolgen. Mehr als
16.000 sind betroffen. Die medizinische
Versorgung ist nicht ausreichend.
Was
sich bereits andeutete, belegt fünf
Jahre nach dem Terroranschlag gegen das
World Trade Center, eine aktuelle
Studie: Viele Arbeiter und freiwillige
Helfer vom Ground Zero leiden nach ihrem
Einsatz am und nach dem 11. September
2001 unter anhaltenden, teilweise
schweren gesundheitlichen Schäden.
Ursache
ist vor allem der freigesetzte
alkalisch-ätzende Staub aus dem Zement,
Stahl und Glas der Zwillingstürme, der
alles überdeckte. Viele leiden heute
unter chronischen Schäden vor allem der
Lunge, ergab die Studie des Mount Sinai
Medical Center in New York, die jetzt im
Fachjournal "Environmental Health
Perspectives" veröffentlicht wurde.
Von den
fast 10 000 untersuchten Arbeitern
berichten fast 70 Prozent von neu
aufgetretenen oder verschlimmerten
Atembeschwerden - meist ein hartnäckiger
Husten oder Atemnot -, die während oder
nach der Tätigkeit am Trümmerhaufen
auftraten. Am stärksten sind jene
betroffen, die als Erste an den Trümmern
des World Trade Center eintrafen. Bei
einigen dauerten die besonders heftigen
Beschwerden zweieinhalb Jahre.
"Die
Tatsache, dass die Symptome so lange
anhielten und bis heute nicht
verschwunden sind, gibt Anlass zur
Besorgnis", sagt Philip Lanigran, Autor
der Studie und Arzt für
Präventionsmedizin und Pädiatrie am
Mount-Sinai-Krankenhaus gegenüber
WELT.de. "Und wir sprechen hier
größtenteils von ursprünglich gesunden
Männern, viele könnten wir als ,superfit"
beschreiben: Feuerwehrmänner und
Bauarbeiter, gesunde, kräftige
Menschen."
Die
Studie offenbart bei 28 Prozent der
betroffenen Nichtraucher eine
eingeschränkte Lungenfunktion. Ihre
Vitalkapazität, die Menge an Luft, die
maximal ausgeatmet werden kann, ist
stark reduziert. Bei der
Normalbevölkerung erwartet man dies bei
13 Prozent.
Dass es
sich bei den Atemwegserkrankungen um
mehr als eine leichte Irritation
handele, sei gewiss, erklärt Lanigran.
Denn der Staub war, bedingt durch seinen
Hauptbestandteil - pulverisierter Zement
- stark ätzend. Dies führt zu einer
Irritation und in der Folge zu einer
Vernarbung des Lungengewebes. "Ich
denke, dass wir deshalb viele
Erkrankungen mit verengten Atemwegen
beobachten", erklärt der Mediziner.
Der
gewaltige Aufprall der Flugzeuge auf die
Bauten aus den 70er-Jahren und die 90
000 Liter verbrennender Treibstoff
ließen neue komplexe Verbindungen
entstehen. Unmengen an Silikaten,
Sulfaten und Metallen wirbelten durch
die Luft, außerdem mikroskopisch feine
Glasteilchen, hochgiftige Dioxine und
Asbestfasern - der Nordturm enthielt in
Feuerschutzmaterialien den
lungenkrebserzeugenden Asbest. Winzige
Partikel mit Abmessungen von 90 bis 250
Tausendstel Millimeter sind dabei am
gefährlichsten - sie können sich tief im
Lungengewebe einnisten. Es ist bekannt,
dass Asbestfasern nach 15 bis 30 Jahren
ein Lungen-Mesotheliom, also ein
bösartiges Geschwür am Lungenfell
auslösen kann. Philip Lanigran und seine
Kollegen befürchten, bei den Helfern vom
Ground Zero gehäuft Krebs durch Asbest
diagnostizieren zu müssen. Aber auch
viele andere Substanzen am Ground Zero
waren zweifelsohne kanzerogen.
Neben
dem Mount Sinai Hospital sind vier
weitere Krankenhäuser an einem
Beobachtungsprogramm beteiligt.
Ursprünglich ging es dabei nur um die
Erfassung der gesundheitlichen Daten der
Arbeiter. Doch tatsächlich sind
Therapien notwendig. Derzeit wartet man
in New York auf Gelder, damit die
Behandlungsphase endlich beginnen kann.
Zwischenzeitlich stützt sich das
Programm auf
Spenden des Roten Kreuzes.
Die
Wartezeit nur für einen Arzttermin liegt
bei drei bis vier Monaten, so Lanigran.
Es fehle schlicht die Finanzierung für
das nötige Personal. Über 16 000
Betroffene wurden bis heute erfasst. Und
die Zahlen steigen weiter.
Artikel
erschienen am 23.09.2006
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